Einstieg in die Übersetzungsbranche – Wichtige Tipps für Fachübersetzer
Es ist einer der ältesten Berufe der Welt: Übersetzer haben bereits unseren Vorfahren Wissen und Schriften in fremder Sprache zugänglich gemacht, ohne die sich unsere Kultur völlig anders entwickelt hätte.
Interview mit Yigit Aslan
Heute spielen Übersetzungen vor allem in Wirtschaft und Politik eine Rolle – und nur wenige kennen die moderne Übersetzungsbranche so gut wie Yigit Aslan. Er leitet seit über 14 Jahren die Geschäfte von Easytrans24.com und hat über 1.000 Übersetzer weltweit unter Vertrag. Im Interview gibt er Einsteigern Tipps und spricht über Berufschancen, besonders gefragte Übersetzer im Markt und warum die immer schlaueren Übersetzungsprogramme einem Profi noch immer nicht das Wasser reichen können.
Herr Aslan, wofür braucht man heute einen Übersetzer? Für wen arbeiten Sie?
Yigit Aslan: Die erste Frage lässt sich ziemlich einfach beantworten: Jeder, der mit Menschen außerhalb der eigenen Muttersprache zu tun hat. Dazu zählen also sowohl Privatpersonen, als auch Unternehmen, Stiftungen, Behörden, Regierungen usw. — und die gehören dann auch alle zu unserer Zielgruppe. Wenn ich mir die letzten 14 Jahre meiner geschäftsführenden Tätigkeit bei Easytrans24.com anschaue, stelle ich fest: Unsere häufigsten Kunden sind Unternehmen (aller Größen), das heißt sowohl große Kapital- oder Aktiengesellschaften sowie kleine, mittelständische als auch Einzelunternehmen. Die zweite Gruppe, also die der KMUs, gehört zu unserem größten Kundenstamm.
Würden Sie einem jungen Menschen heute raten, freier Übersetzer zu werden?
Yigit Aslan: Ganz klare Antwort: Ja! Denn man sollte immer das machen, was einem am meisten Spaß bereitet. Aber man sollte sich den Markt genau anschauen. Während es für die südeuropäischen Sprachen, insbesondere für Italienisch, sehr viele hervorragend ausgebildete Übersetzer gibt, stellen wir einen großen Mangel an gut ausgebildeten Übersetzern für die skandinavischen Sprachen fest.
Dieses Problem ist auch hausgemacht, denn erstens bringen die (kleinen) skandinavischen Länder gemessen an ihrer Einwohnerzahl einfach zu wenige Übersetzer hervor. Zweitens werden diese wenigen Übersetzer von den europäischen Institutionen massiv abgeworben – allen voran der EU-Kommission. Für den Markt bleiben dann nur wenige übrig, was hohe Preise zur Folge hat. Im Ergebnis also: Als schwedische Übersetzerin kann man richtig gut verdienen, als italienischer Übersetzer muss man sich aber eventuell durchschlagen.
Man muss also in jedem Fall Muttersprachler sein, ganz gleich, wie gut man eine zweite Sprache gelernt hat?
Yigit Aslan: Ja, man muss in jedem Fall und definitiv Muttersprachler sein. Und zwar in nur einer einzigen Sprache. Ich persönlich glaube an die Aussage einiger Übersetzer/innen nicht, sie wären zweisprachige Muttersprachler. Die Muttersprache ist diejenige Sprache, die man von der Kindheit an gelernt hat und mit der man seinen Ausbildungsweg gegangen ist. Ist man zum Beispiel als Deutscher geboren und nach dem Abitur zum Studieren in die USA gegangen, gibt es dort einen Break. Viele behaupten dann, sie wären „zweisprachige Muttersprachler“, obwohl sie weder das eine, noch das andere sind. Übersetzt hingegen irgendjemand in seine Nicht-Muttersprache, ist dies allenfalls eine semiprofessionelle Übersetzung und für den professionellen Einsatz nicht zu verwenden.
In den Beruf des Übersetzers kann man entweder durch eine gezielte Ausbildung als Linguist einsteigen, oder man ist Quereinsteiger aus einem anderen Bereich. Wir haben beispielsweise viele hervorragende Ingenieure unter Vertrag, die ihre Berufung im Übersetzen gefunden haben. In jedem Falle sollte man aber auch als Quereinsteiger eine Affinität für Sprachen haben.
Sind Quereinstiege auch noch im Alter (sagen wir ab 40) möglich?
Yigit Aslan: Ja, durchaus. Vor allem, wenn man im ursprünglichen Beruf bereits mit Übersetzungen zu tun hatte. Viele für uns übersetzenden Rechtsexperten sind beispielsweise Quereinsteiger, da sie bereits für große Unternehmen ständig Verträge hin- und herübersetzen mussten. Auf solche Quereinsteiger ist der Markt auch angewiesen, denn einen praktizierenden Juristen, der nebenbei vollberuflich als Übersetzer tätig ist, wird man schwer finden.
Wenn es eine perfekte Übersetzungsmaschine gäbe – wo läge dennoch der Unterschied zu einem professionellen menschlichen Übersetzer?
Yigit Aslan: Das menschliche Denken. Denn das ist während des Übersetzungsprozesses unersetzlich und besonders für eine Fachübersetzung sehr wichtig. Heutzutage bereitet den computergestützten Übersetzungsmaschinen die Ausgabe einer korrekten Grammatik große Probleme. Das liegt nicht daran, dass zum Beispiel Google Translate die Grammatikregeln nicht korrekt einprogrammiert wurden. Sondern vielmehr darin, dass die Maschine nicht versteht, was die einzelnen Vokabeln bedeuten. Es kann kein mentaler Zusammenhang gebildet werden, der aber für das Verstehen eines Textes unverzichtbar ist.
Solange es also keine dem Menschen ebenbürtige künstliche Intelligenz gibt, wird es auch keine „perfekte Übersetzungsmaschine“ geben.
Gibt es Möglichkeiten, Übersetzung als Nebenerwerb professionell zu betreiben? Zum Beispiel für Studenten?
Yigit Aslan: Nein. Allenfalls als semiprofessioneller Übersetzer oder Lektor könnte man sich versuchen.
Wie geht es selbstständigen Übersetzern in der Regel? Arbeiten Sie in einem stark umkämpften Markt?
Yigit Aslan: Das hängt von der Muttersprache (in die man übersetzt) ab, wie oben bereits angemerkt. Wir haben viele Übersetzer unter Vertrag, die ein hervorragendes Einkommen haben (davon übrigens auch viele Italiener/innern). Es kommt natürlich auch darauf an, wie „gut“ man ist. Der Kampf um Marktanteile erfolgt eher in der übergelagerten Ebene der Übersetzungsbüros.
Wie arbeiten die meisten Übersetzer? Von Zuhause? Wie sieht der Alltag eines Übersetzers aus? Reicht ein Internet-Anschluss, oder ist auch viel Teamwork dabei?
Yigit Aslan: Die meisten Übersetzer arbeiten tatsächlich vom Home Office aus. Festangestellte Übersetzer leisten sich nur weniger Unternehmen. Vieles wird heutzutage natürlich online gemacht: Das beginnt bei der Anfrage des Kunden, geht über den Prozess des Übersetzens in der Cloud bis hin zur Lieferung der fertigen Übersetzung. In der Regel sind Übersetzer „Einzelkämpfer“, aber wir bringen bei sehr vielen Projekten auch mehrere Übersetzer zusammen. Zum Beispiel, wenn aus Termingründen ein Großprojekt schneller übersetzt werden muss. In solchen Fällen arbeitet dann ein Team aus zwei bis drei Übersetzern gleichzeitig in der Cloud über unseren Übersetzungseditor und greift dabei auf die selbe Terminologie-Datenbank sowie Translation Memories zu.
Seit einigen Jahren verschiebt sich die Arbeit des Übersetzers von einem „Miniunternehmen, das alles machen muss“ hin zur Kernaufgabe des Übersetzers: Nämlich das Übersetzen selbst. Die Akquise neuer Kunden, das Debitorenmanagement und die ganzen anderen unangenehmen Aufgaben der Unternehmensführung bleiben den Übersetzern mehr und mehr erspart und werden durch die Übersetzungsbüros gehandelt. Jedenfalls ist das bei uns so – und wir haben weltweit mehr als 1000 zertifizierte Fachübersetzer unter Vertrag.
Noch eine blöde Frage: Wie viele Wörter muss ein guter Übersetzer ungefähr am Tag schaffen?
Yigit Aslan: Ausgehend von einem achtstündigen Werktag mit 1-1,5-stündiger Mittagspause in etwa 2000 Wörter. Je nach Fachrichtung und Schwierigkeitsgrad kann sich dieser Wert ändern.
Du möchtest Übersetzer werden? Wir helfen dir gerne weiter.
Wenn dieser Beitrag Sie neugierig gemacht hat und Sie Übersetzer werden möchten, geben wir Ihnen gerne persönlich Tipps für den Einstieg in den Beruf. Auch wir suchen immer nach Übersetzern, aber auch nach Quereinsteigern, die wertvolle Beiträge mit ihrem Fachwissen und ihrer Muttersprache leisten können. Schreiben Sie uns bei Interesse einfach eine E-Mail mit dem Stichwort „Interview“ an application@easytrans24.com (gerne bereits mit Arbeitsproben).